Physiotherapie bei Leprapatienten, darunter können sich die meisten zwar nicht so recht etwas vorstellen, doch sie ist sehr wichtig. In der Chitpur Lepraambulanz von Calcutta Rescue, wird sie zweimal pro Woche durchgeführt.
Die Patienten sind durch Schäden, die durch diese schwere Erkrankung entstanden sind, sehr stark eingeschränkt. Amputierte Gliedmaßen neigen dazu Kontrakturen zu bilden, denn die Muskulatur verkümmert. Der Sensibilitätsverlust, durch Schäden der nervalen Versorgung, führt zu Koordinationsschwierigkeiten, Gleichgewichtsverlust, Verletzungsrisiko und weiteren Mobilitätseinschränkungen. Durch Entzündungen der Hornhaut der Augen, sowie die Arthritis, die zu fortschreitender Deformation der Gelenke führt, kommt es zur bleibenden Behinderung dieser Menschen. Diesem fortschreitenden Prozess der Degeneration, gilt es in der Physiotherapie am Leprapatienten entgegenzuwirken. Die meisten Patienten sind schon seit Jahren in medikamentöser Therapie und ihre Lepraerkrankung ist schon lang nicht mehr im akuten Stadium. Es sind vielmehr die Auswirkungen der bisher geschädigten Körperregionen auf den gesamten Bewegungs- und Halteapparat, die das eigentliche Problem darstellen, mit dem der Leprapatient alltäglich konfrontiert wird (z.B.: Das „Klauenhand“-Syndrom der Hände durch Schädigung des N. Ulnaris, ähnliche Symptomatik in den Füßen, sowie der Fußheberschwäche). Die Maßnahmen der Physiotherapie sind daher essentiell wichtiger Bestandteil einer korrekten Versorgung von Leprapatienten. Aufgrund von Sensibilitätsverlust und fast keinem Gefühl mehr in den Händen oder Füßen, verletzt sich der Leprapatient leicht. Es kommt zu Infektionen, die aufgrund des mangelnden Schmerzempfindens meist keine Beachtung finden, so dass sich diese Infektionen immer weiter ausbreiten können, bis zu dem Verlust dieser infizierten Körperteile.
Die Patienten kommen regelmäßig zur Körperlichen Untersuchung in die Chitpur Lepraambulanz von Calcutta Rescue, wo sie von Physiotherapeuten untersucht werden. Ihr Befund wird in den Patientenkarten dokumentiert und im interdisziplinären Austausch mit den Ärzten, auf ein Fortschreiten der Erkrankung ausgewertet. Der Physiotherapeut untersucht mit Reflexhammer, Nervenrädchen oder durch das Streicheln mit einem Pinsel, nach vorgegebenen Plan (WHO), beide Hand- und Fußflächen, sowie die verschiedenen Hautareale am gesamten Körper. Nach den Richtlinien der WHO wird die Anzahl der Hautsymptome und Neuralen Erscheinungen ausgewertet und den Klassifizierungen der sog. „Hansens-Erkrankung“ (Lepra), zugeordnet. Der Physiotherapeut untersucht weiter die Beweglichkeit und Kraft in den Körperregionen – bzw. Gelenke, auch Schwellung und evtl. Schmerzen durch bakterielle Arthritis und Neuritis, sowie Hautläsionen und Verletzungen, werden dann durch eine Krankenschwester vor Ort versorgt. Anschließend werden dem Patienten durch Anleitung von Übungen zur Verbesserung der entsprechenden Defizite in Beweglichkeit, Koordination und Kraft, ein Heimübungsprogramm erstellt, mit welchem die Patienten bis zum nächsten Termin üben dürfen, um ein Fortschreiten dieser Ausfallerscheinungen und Symptome zu begrenzen.
Langfristig wird das Ziel angestrebt, dass der Patient wieder alltagsfähig, in manchen Fällen sogar arbeitsfähig wird, sodass er gesellschaftlich nicht mehr ausgegrenzt wird und eines Tages ein besseres Leben führen kann.
von P. Tagore-Brahma (PT-Physiotherapeut)