Roxane Porsack und My Green Size
Vergangenes Jahr hat Roxane Porsack 365 Euro gespendet, einen Euro pro Tag. „Das hat natürlich viele Gründe“, erzählt sie uns. „Für jeden Tag, den ich nicht in Kalkutta bin, aber was könnte ich dort anderes tun als hier. Für jeden Tag, seit Ausbruch der Pandemie. Die Spende ging ja in erster Linie an die Schulkinder von Calcutta Rescue, also einen Euro für ein bestimmtes Kind, damit es lernen kann. Irgendwie ist alles richtig und immer noch unvollständig. Und vor allem mit dem Gefühl, das es nicht reicht.“
Roxane ist Designerin und Schneiderin und begegnete Calcutta Rescue das erste Mal 2017, direkt in Kalkutta. In dem Jahr ist sie nach Indien gereist, um jemanden zu finden, der für sie produzieren kann. Erst war sie auf einer zweiwöchigen Rundreise, um das Land besser kennenzulernen, dann flog sie für weitere zwei Wochen nach Kalkutta. Das gewählte Hotel in der Sudderstreet, welches leider sehr schmutzig war, tauschte sie nach einer Nacht für das Fair Lawn Hotel. Und dort, dort begegnete sie an einem Donnerstagabend dem Ausstellungstisch des Handarbeitprojekts von Calcutta Rescue. So begann eine wunderbare Kooperation. „Happy ever after“, sind Roxanes Worte dazu.
Seitdem ist Roxane einmal im Jahr vor Ort und arbeitet mehrere Wochen mit dem Team. Das Team schneidert einen Teil ihrer Kollektion, auch wenn sie wieder zurück in Deutschland ist, und in der Zeit, in der sie dort ist, gibt sie ihr Können und Wissen weiter. So entstehen wunderschöne Kleidungsstücke unter fairen Bedingungen aus biologischer Baumwolle, die Roxane ebenfalls vor Ort kauft.
Im Februar haben wir mit ihr gesprochen und sie erzählte: „Heute vor einem Jahr war ich in Kalkutta. Mitten in der Arbeit. Wenn ich dort bin, bin ich auf eine besondere Art glücklich. Das Leben an sich ist irgendwie wertvoller. Ich vermisse es unglaublich nicht dort sein zu können, zumal es für mich auch berufliche Konsequenzen hat. Ich muss das Rad neu erfinden und zusehen, wie ich die ganze Kollektion in Deutschland produzieren kann. Da bin ich inzwischen auf einem guten Weg, aber es ist ein Kompromiss.
Ich bin hin und wieder in Kontakt mit dem Team des Handarbeitprojekts, vor allem mit Arunava. So weit geht es allen gut. Das Team arbeitet in Wechselschicht, eine Gruppe kommt Montag, die andere Dienstag und so weiter. Wenn ich mal einen Video-Chat mit Shombu hatte, fragte ich immer: „Wie geht es dem Team?“ Shombhu hat immer gesagt: „Sister, we are always fine!“ In diesem Jahr sagte er: „Sister, we are always try to be fine.“ Das hat mich sehr bestürzt. Es sagt so viel aus über die Ängste und Probleme im Alltag durch Corona. Die unglaublichen Anstrengungen, die jeder von ihnen jeden Tag unternimmt, um klar zu kommen.
Mit meiner kleinen Spende kann ich nicht viel ausrichten. Es ist im Grunde ein Tropfen auf dem heißen Stein. Aber ich bin auch eine Optimistin und glaube, wenn mehr Menschen jeden Tag nur einen Euro zur Seite legen, um es für eine gute Sache zu spenden, erreichen wir alles, was wir wollen.
Das Spendenglas im Flur ist außerdem eine gute Erinnerung, nicht im Selbstmitleid zu versinken. 2020 war ja auch in Deutschland nicht einfach und es gibt wohl niemanden, der im vergangenen Jahr nicht mindestens einmal heulend auf dem Sofa gesessen hat.
Es geht weiter, wie es immer irgendwie weiter gegangen ist. Damit es aber in unserem Sinne wieder gut wird, müssen wir aktiv etwas tun. Jeder auf seine weise mit den Mitteln, die ihm oder ihr zur Verfügung stehen.“
Liebe Roxane, danke, für deinen Einsatz und deinen Optimismus, deinen Idealismus, der so motivierend für uns alle und das Projekt vor Ort ist. Keine Spende ist jemals zu klein, deine schon gar nicht.
Bei Roxane und ihren schönen Werken kann man unter diesem Link vorbeischauen: https://www.my-green-size.de - dort kann man auf ihrem Blog auch lesen, dass sie sich für faire und saubere Textilproduktion einsetzt. Ebenso hat sie in Lübeck im 'Goldenen Hirsch' mit anderen zusammen eine Verkaufsfläche, die gerne besucht werden darf.