Dakshineswar - Leben im Slum
Die Siedlung aus 182 Hütten liegt am nördlichen Rand von Kalkutta zwischen einer Straße und einem Bahngleis. Hier riskieren Kinder ihr Leben, um an sauberes Wasser zu kommen.
Mit Plastikbehältern bepackt, suchen sich die Kinder einen Weg über eine vielbefahrene Straße. Sie seilen sich über eine steile, sechs Meter hohe Betonböschung ab. Mit den an Wasserpumpen aufgefüllten Behältern gehen sie den gleichen Weg wieder zurück. Nachts ist das noch viel gefährlicher als tagsüber. Einige wurden bereits angefahren. Auf der anderen Seite der Siedlung befindet sich die Haupttoilette – das Bahngleis. Vor ein paar Wochen wurde hier ein Junge von einem Zug erfasst.
Die Familien, die in den letzten zwanzig Jahren meist aus Bihar, einem der ärmsten Staaten Indiens, hierher gezogen sind, haben immer noch keine Elektrizität, kein Wasser und keine Toiletten. Calcutta Rescue hat deshalb ein Betonfundament für einen Stromverteiler errichten lassen.
Mit dem Strom soll auch die Pumpe des Rammbrunnens betrieben werden, der demnächst angelegt wird. Er wird neben der bestehenden offenen Zisterne, in der zurzeit das herbeigeschleppte Wasser aufbewahrt wird, zu stehen kommen und endlich für sauberes Trinkwasser im Slum sorgen. Auch Toiletten werden installiert, mit der Unterstützung einer anderen Hilfsorganisation.
Wenn man in die vorhandene Zisterne hinabschaut, sieht man eine von Schlamm umgebene graue Brühe. Man würde sich nicht einmal die Füße darin waschen wollen, aber die Frauen verwenden dieses Wasser zum Waschen von Gemüse, Tellern und Kochtöpfen.
Heute ist Montag, doch die Kinder spielen im Dreck anstatt in die Schule zu gehen. Deswegen plant Calcutta Rescue, hier eine kleine Schule zu bauen, auf einem Platz, der zurzeit mit Müllsäcken übersät ist. Kaum eines dieser Kinder war geimpft, als Calcutta Rescue letztes Jahr hier mit dem Straßenmedizin-Programm startete - jetzt sind es bereits 75%.
Unter dem Sonnenschutzdach der Straßen-Ambulanz hält eine Mitarbeiterin von Calcutta Rescue einen Ordner mit Bildern von Gemüse in die Höhe. Sie erklärt den wartenden Patientinnen und Patienten, welche davon viel Vitamin A enthalten. Sie fragt anwesende Eltern, ob ihre Kinder nachts Sehschwierigkeiten hätten. Dies sei ein Indikator für Vitamin-A-Mangel, denn Vitamin A sei für das Sehvermögen essentiell.
Von Sean Duggan, Calcutta Rescue England
Übersetzt von Helen Gebhart, gekürzt von Marion Schade